Fluchtursachen

Warum verlassen Menschen ihre Heimat, werden zu Flüchtlingen und warum kommen sie ausgerechnet zu uns?

(Vorgetragen auf der Veranstaltung: Integration von Flüchtlingen in der Weststadt, am 23. Febr. 2016)

Die Antwort: Kriege und Hunger

Das ist die Folge von Globalisierung, die schon mit dem Kolonialismus angefangen hat und uns jetzt einholt (in dem allein in Afrika fünfzig Millionen Afrikaner verschleppt oder getötet wurden).

Wer Kriege säht, wird Flüchtlinge ernten (Daniela Dahn)

à Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien; Jemen, Mali, Krieg gegen den Terror etc.

¾ der Menschen in Afrika leben in Armut (trotz vorhandener Rohstoffe), 70% in Arbeitslosigkeit. Dort sind auch die größten Flüchtlingslager, von wo die meisten Flüchtlinge zu erwarten sind. Wenn sie zu uns kommen, nennt man sie Wirtschaftsflüchtlinge und gibt ihnen kein Asyl.

Die reichen G8-Staaten nutzen den Kontinent als Produktionsbasis für die Bedürfnisse des westlichen Marktes. Einheimischer Bedarf ist für sie ohne Belang. Sie haben von korrupten afrikanischen Führern hundert Mill. Hektar Land erworben oder langfristig gepachtet, damit multinationale Konzerne Getreide und Mais nicht etwa für die Hungernden verarbeiten, sondern daraus „Biosprit“ für ihre westliche Kundschaft produzieren können. Deutschland ist dabei (Äthiopien).

 

Das ist Neokolonialismus.

Ausländische Investoren werden durch gekaufte Gesetze begünstigt (Land Grabbing).

Handelsschranken, die Afrikaner vom globalen Wettbewerb ausschließen. Allein 20 Milliarden Dollar verlieren Afrikaner durch den Agrarprotektionismus der US-Amerikaner, Europäer und Japaner jährlich (das Doppelte der Entwicklungshilfe, die nach Afrika fließt). Millionen bäuerliche Existenzen werden zerstört. Am Ende fallen die sogenannten Geierfonds über die Staaten her, die Kreditschulden billig aufkaufen, um die Länder über private Schiedsgerichte zur Rückzahlung mit Zins, Zinseszins und Verzugszinsen zu verklagen. Sambia, eines der allerärmsten Länder, ist so vom US-Fonds Donegal geschädigt worden, der dabei eine Rendite von 700 Prozent verbuchen konnte.

Beispiel für Deutschland aus den Koalitionsverträgen 2009:

"Der Zugang zu Rohstoffen und deren verlässliche Verfügbarkeit sind […] unverzichtbare Ziele der Außenwirtschaftspolitik. […] Entwicklungspolitische Entscheidungen müssen die Interessen der deutschen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes, angemessen berücksichtigen."

Mehr Schaden als Nutzen richtete auch die Lieferbindung an, die mit der Gewährung deutscher Entwicklungsgelder bis in die 90er-Jahre verknüpft war. Empfängerländer konnten deshalb nicht weltweit das beste Angebot wählen, sondern mussten deutsche Technik zu deutschen Preisen kaufen. So floss der Großteil der vergebenen Hilfsgelder wieder zurück nach Deutschland. Das hinterließ statt Entwicklung gestiegene Schuldenberge in den Empfängerländern.

Deutschland ist da in guter Gesellschaft. Das machen andere Länder auch, aber das macht die Sache nicht besser.

Im Grunde haben wir keine Flüchtlingskrise, sondern eine Besitzstandwahrungskrise (so Daniela Dahn im Gespräch mit Jens Wernicke Interview „Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch von Fluchtursachen schweigen“ veröffentlicht in den Nachdenkseiten)

Daniela Dahn weiter: „Weltweit sollen die Superreichen über 100 Billionen Euro verfügen. Wenn sie für die Stabilität des Weltgefüges 10% abgeben können sie 90% behalten. Sonst vielleicht nichts. Eben weil das Vergangene nicht vergangen ist. Das Gegenwärtige nicht haltbar. Und das Künftige nicht gesichert. Wollen wir ein solidarisches Gemeinwesen oder Barbarei?

Es war eine Lebenslüge zu glauben, ein kleiner Teil der Welt könne auf Dauer in Frieden und Wohlstand leben, während der Großteil in von den westlichen Eliten mitverschuldeten Kriegen, Chaos und Armut versinkt. Dass sich eine Völkerwanderung früher oder später in Bewegung setzen würde, haben wir geahnt. Eigensüchtig haben wir gehofft, es würde später losgehen.

Der Krieg gegen den Terror gebiert nur eins: Terror

Merkels humane Haltung gegenüber Flüchtlingen gilt als unklug und naiv. Vielleicht sind nur alle naiv, die sich weigern zu begreifen, dass wir einen Point of no Return erreicht haben. Es gibt kein Zurück mehr. Die Flüchtlinge erteilen uns eine Lektion: Wie sehr der Wohlstand im wohlhabenden Westen, gerade auch in Deutschland, auf Kosten anderer geht, wollten wir so genau nicht wissen. Die Unerträglichkeit auf der anderen Seite hat inzwischen ein Maß erreicht, an dem kurzfristig nichts zu ändern ist. Der Kolonialismus holt uns ein. Der Schnee von gestern ist die Flut von heute. Wenn wir nicht ein eingemauertes Land in einem Europa sein wollen, dessen Strände eingezäunt sind, an dessen Grenzen geschossen wird und in dem Orwell´sche Überwachung herrscht, dann müssen wir uns damit abfinden, dass die Wanderungsbewegung nicht aufzuhalten ist.“ (soweit Daniela Dahn)

Die massive Flüchtlingsbewegung, die 2015 einsetzte, war ein Resultat der Kürzung der Gelder für das UNHCR (Uno-Flüchtlingshilfswerk) in Libanon und Jordanien. Diese Länder sind erheblich kleiner und ärmer und haben Millionen von Flüchtlingen aufgenommen.  Die Menschen haben dort gehungert. Deutschland war an der Kürzung der Hilfsgelder beteiligt. Die Menschen haben sich daraufhin auf den Weg nach Europa gemacht. Jetzt sind sie da und wir haben kein Recht, sie zurückzuschicken.

Heribert Prantl: „Man fürchtet die Flüchtlinge nicht wg. ihrer Waffen (sie haben ja keine). Ihre einzige Waffe ist das Asylrecht. Es ist die Waffe der Schwächsten. Man fürchtet sie wegen ihres Triebes: Sie wollen überleben. Also werden sie behandelt wie Einbrecher, weil sie einbrechen wollen in das Paradies Europa. Man fürchtet sie wg. ihrer Zahl „(so Heribert Prantl).

 Der Abwehrkampf gegen sie hat inzwischen zu einer Ausländerfeindlichkeit in ganz Europa geführt (Frankreich mit Front National, Ungarn, Polen, Pegida und AFD in Deutschland, etc.).

Diese Ausländerfeindlichkeit ist wirklich gefährlich!

  • Wir müssen: Fluchtursachen bekämpfen (siehe oben)
  • Wir müssen: Deutsche Waffenpolitik überprüfen (Saudi Arabien)
  • Wir müssen: das Dublin-Abkommens, das den EU-Randstaaten die  Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens zuweist und inzwischen kläglich gescheitert ist, neu ordnen (Deutschland, das kein europäischer Randstaat ist, ist damit theoretisch aus dem Schneider).
  • Wir brauchen ein Europäisches Asylrecht
  • Wir müssen die  bürgerschaftlichen Gegenbewegungen gegen Ausländerfeindlichkeit stärken
  • Wir müssen die Reichen an den entstehenden Kosten beteiligen

Es gibt die Diskussion nur über zwei Begrenzungsgründe– die kulturellen und die ökonomischen.

„Wir haben noch nicht begriffen, dass nicht nur die Ausländer sich bei uns integrieren müssen, sondern auf verträgliche Weise auch die Reichen in eine Welt der Armut und des Elends.“ (Daniela Dahn)

Ich fordere unsere Politiker dazu auf, endlich den Mut und den politischen Willen aufzubringen, Asylsuchende gem. der Genfer Flüchtlingskonvention zu behandeln anstatt mit unsäglichen Diskussionen die Rechtsextremen zu stärken und unsere Asylgesetze ständig zu verschärfen. (s. Asylpaket II).

Im Grunde haben wir gar keine andere Wahl, als diese Herausforderung  anzunehmen. Dann schaffen wir es auch!

Roswitha Claus ( Sprecherin, Bunte Linke), 23. Februar 2016

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Themen: 
04.03.2016